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RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Mo 15. Dez 2014, 20:58
von Michael
Hi Manne,

gut gesehen !

Würde es sich anbieten genau in der von dir gezeigten letzten Position einen schmalen, aber stabilen Schlitzschraubendreher unterhalb der Schraube anzusetzen und die Schraube gegen die (noch/wieder) vollständig gelagerte NW rauszuhebeln ?

Ein paar Grad Drehwinkel nach oben könnte man so erreichen.
Ob das dann reicht ?
Evtl. ein schmales Holzstück (Typ: gekürzter Sylvesterraketenstiel) an der NW unterlegen, um den möglichen Drehwinkel nach oben zu vergrößern.
Gleichzeitig eine zweite Person, die den Motor per Kickstarter "vorspannt" / drückend unterstützt / durchdreht.

Die Steuerkette würde ich auf jeden Fall zum Schrott geben.
Lass die Aussenlasche verbogen sein, dann wird die Kette für immer einen Seitenschlag an dieser Stelle haben und mindestens zu  unnötigem, seitlichen Verschleiß der NW-Räder und der Kette führen. Die Gleitschienen werden möglicherweise auch durch diesen "Knick" unnötig belastet.
Wenn die Kette irgendwann mal reißen sollte, dann bestimmt an dieser Stelle !

Wenn ich gerade die Sahara durchquere, dann würde ich diese Kette weiterverwenden bis zur nächsten größeren Oase mit Kawa-Werkstatt und erst dort die Steuerkette wechseln ;-)
Für den Job muß der Motor ausgebaut und mittig horizontal geteilt werden.

LG, Michael

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Mo 15. Dez 2014, 21:40
von manne
[quote pid='10905' dateline='1418673526']

Würde es sich anbieten genau in der von dir gezeigten letzten Position einen schmalen, aber stabilen Schlitzschraubendreher unterhalb der Schraube anzusetzen und die Schraube gegen die (noch/wieder) vollständig gelagerte NW rauszuhebeln ?

Ein paar Grad Drehwinkel nach oben könnte man so erreichen.
Ob das dann reicht ?
Evtl. ein schmales Holzstück (Typ: gekürzter Sylvesterraketenstiel) an der NW unterlegen, um den möglichen Drehwinkel nach oben zu vergrößern.
Gleichzeitig eine zweite Person, die den Motor per Kickstarter "vorspannt" / drückend unterstützt / durchdreht.

[/quote]

wozu ein vermeidbares Risiko eingehen?! wenn Guss eh schon eingerissen?

Manne

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Mo 15. Dez 2014, 23:29
von Bruder Lustich
Hallo Manne,

Respekt, Du hast wieder mal richtig hingesehen. Auch Deiner Meinung nach, mit möglichst wenig Gewalt das Teil zu zerlegen kann ich mich nur anschließen. Der Aluguß ist einfach empfindlich. Und die Nockenwelle insgesamt noch weiter zusätzlich belasten würde ich auch vermeiden.
Den Riss denke ich kann ein gewiefter Schweißer relativ einfach wieder schließen. Passende Elektroden vorausgesetzt. Zum Einkerben innen würde ich einen "Dremel" mit verstärkter Trennscheibe empfehlen. Der passt auch in den beengten Verhältnissen hier.
Mittels so einem Werkzeug könnte man auch die Schraube teilen, falls sie trotz der Demontage der Nockenwellenhalterungen noch zu fest sitzt.

Viele Grüße

Gerd

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Di 16. Dez 2014, 13:35
von Michael
Moin Männer,

wenn sich der Motor wie sonst üblich bei Reihenmotoren "vorwärts" drehen würde, würde ich das Schadensbild relativ einfach verstehen.
Unsere Motoren drehen sich aber "rückwärts", wie ist dann die Schraube da hin gekommen ?
Kann ja nur von "unten" bis da hin gelangt sein.
Jetzt fehlt nur noch ein kleines Stück in unserer normalen Motordrehrichtung und die Schraube ist wieder draußen :-)
Danach kann man immer noch die sonstigen Schäden begutachten und beheben.

Mit einem Dremel samt Trennscheibe die Schraube zu trennen bzw. Teile davon zu entfernen erfordert auf jeden Fall den Motor komplett zu zerlegen und gut zu säubern, damit die Rückstände der Schleifscheibe (Korund) und die abgeschliffenen Metallspäne entfernt werden.

Ok, um die Steuerkette zu wechseln muss das Motorgehäuse ohnehin komplett geteilt werden und man wird es bei der Gelegenheit auch reinigen, aber den feinen, abrasiven Schleifstaub hätte ich ungern im Motor.

LG, Michael

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Di 16. Dez 2014, 14:37
von Bruder Lustich
Hallo Michael,
bei der Verwendung eines Dremels ist der feine Schleifstaub wirklich das Problem. Tritt allerdings in diesem Fall sehr begrenzt auf. Trotzdem hilft da nur sehr gut abdecken. Auch die Verwendung einer für den Dremel erhältlichen Diamantscheibe würde den Staub minimieren.
Gut säubern danach ist auf alle Fälle anzuraten.

Viele Grüße

Gerd

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Di 16. Dez 2014, 19:12
von der-Pfaelzer
Liebe Fachleute und Spezialisten. Ich bin echt beeindruckt was Ihr so sehr und wisst und dankbar für die Tipps. Das mit dem Faden an der Schraube ist so klasse weil so einfach.
Ich werde wenn ich dran gehe alle Tipps bedenken. Zunächst mache ich mal die Stelle etwas sauber und schaue mir den vermeintlichen Riss an. Evt. mache ich noch einmal ein Photo.

Zunächst mal Danke. Ach ja und was die Batterie betrifft. Ich denke ich werde es mal mit einer Gelbatterie probieren. Einmal das Geld zu investieren um zu sehen ob das Anspringen dann
besser geht - das ist es mir wert und dann weiss ich Bescheid.

Gruss Schorsch

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Di 16. Dez 2014, 20:48
von manne
Hallo Schorsch

nimm die MF Batterie... Maintenance Free

nicht GEL.. die benötigt eine andere Laderegelung. Die MF bei der die Säure im Fliess gebunden ist wird im Sprachgebrauch gerne als "Gel" bezeichnet.. Das ist aber eine andere Baustelle....
Und diese MF bietet eben den Vorteil höherer Startleistung ....


mfg

Manfred

PS Nockenwelle schon draussen?!

RE: 78er Twin, Batteriewahl (VRLA / MF)

Verfasst: Mi 17. Dez 2014, 01:31
von Michael
Hi Schorsch,

der Begriff Gel-Batterie ist eine im heutigen Sprachgebrauch meist Unwissender eine üble Verallgemeinerung für verschlossene Batterietypen.
Verschlossene Batterien sind leicht an einem meist schwarzen, auf jeden Fall undurchsichtem Gehäuse zu erkennen.
Auch gibt es oben keine gelben Stöpsel zum rausziehen mehr, sondern eine bündig eingepresste Verschlußleiste.
Diese Batterien haben keinen Belüftungs-/Säureablaufschlauch mehr.
Man kann weder der Säurestand prüfen, noch destilliertes Wasser nachfüllen.
... und genau das sind auch im Handling die Vorteile !!!

Es gibt Bauartunterschiede zwischen echten Gel-Batterien und den ventilgeregelten Blei-Säure-Batterien (VRLA) !
(VRLA = valve regulated lead acid) 

Gemeinsamkeiten:
In beiden sind positive und negative Bleiplatten. Dazwischen ist ein Isolator, damit sich die Platten nicht bei Erschütterungen berühren können. In beiden befindet sich die "übliche" Schwefelsäure als Elektrolyt.

In Gel-Batterien wird der Säure Kieselgel als Verdickungsmittel beigesetzt. Damit kann die Säure bei einer Beschädigung nicht spontan auslaufen. Dieses geleeartige Elektrolyt erlaubt aber nur eine langsame Elektronenbewegung zwischen den Bleiplatten.
Genau dieses Verhalten macht sie zu schlechten Starterbatterien !
Gel-Batterien sind sehr gut geeignet für alle Anwendungen in denen sie langsam auf- und langsam entladen werden.
Typischer Anwendungsfall sind Solaranlagen, die mit Gel-Batterien als Pufferspeicher arbeiten.

Die VRLA sind die weitaus häufiger produzierten Batterietypen weltweit !
Unsere Firma ist der weltweit größte Abnehmer dieser Batterien aus dem Weltmarkt, daher kenne ich die Dinger sehr gut ;-)
VRLA haben als Isolator zwischen den Bleiplatten Glasfaservlies. Beim erstmaligen Befüllen der Batterie wird eine genau definierte Menge Batteriesäure über sog. "Säurepacks" eingefüllt/einlaufen gelassen. 
Du kannst dir das Vlies wie eines dieser vollgesaugten Küchenschwammtücher vorstellen. Wenn du das aus dem Spülwasser nimmst und nicht ausdrückst, sondern einfach an einer Seite oben festhältst, dann läuft eine Zeit lang überschüssiges Wasser aus. Irgendwann hört das auf und es tropft nicht mal mehr. Genau diesem Zustand entspricht die eingefüllte Menge Elektrolyt in dem Glasfaservlies zwischen den Bleiplatten. Hier kann bei Beschädigung des Gehäuses auch keine oder nur sehr wenig Säure austreten.
Diese Bauart mit dem "Schwammtuch" wird auch als AGM-Technik bezeichnet.
(AGM = absorbed glass mat)
Jetzt der Vorteil:
Die Säure bleibt in ihren Eigenschaften unverändert dünnflüssig und die Elektronen können in gewohnter Geschwindigkeit zwischen den Polen "sausen", was für die erforderliche Leistung beim E-starten sorgt.

Batterien in einem von der Größe festgelegten Gehäuse können durchaus unterschiedliche Leistungen haben.
Je mehr dünne Bleiplatten drin sind, desto mehr Leistung hat die Batterie !
Leider verkürzt sich dadurch die Lebensdauer und sie werden vibrationsempfindlicher.

Weniger, aber dickere Platten liefern nicht so viel Leistung, bieten aber eine längere Lebensdauer.
Solche Batterien sind etwas schwerer als die mit den vielen dünnen Bleiplatten.

Tja, von aussen kann man die Plattenstärke nicht sehen und die Hersteller geben das nicht in den technischen Daten an.
Was tun ?
Die Hersteller der Batterien bieten üblicherweise 12 Ah oder auch 14 Ah an. Beides ist für eine Kawatwin völlig ausreichend.
(Ich habe in der "Back in Black" Caferacer eine 10 Ah-Batterie, funktioniert auch)

Ich würde keinesfalls die billigste und in den Batteriekasten passende VRLA-Batterie nehmen !
Ich bestelle meine MF-Batterien (wie Manne schon geschrieben hat) bei Motorrad Schüller.
Bin dort als Händler gelistet ;-)
http://www.enuma.de/wcms/ftp//e/enuma.d ... -06-23.pdf
Selbst in dieser Übersicht ist genau wieder der gleiche Fehler gemacht worden, den ich oben abgehandelt habe, grrr !
Die MF-Batterien sind dennoch toll und entsprechen den beschriebenen VRLA-Batterien.

Ich muß erst noch in die Garage gehen und eine dieser Batterien ausbauen und die Typenbezeichnung ablesen.
Ich verwende eine dieser Batterien seit 2009 und die hat diese Saison 2014 über immer noch absolut zuverlässig funktioniert und verträgt auch mehrwöchige bis mehrmonatige Standzeiten problemlos.
Die Unempfindlichkeit gegen Erschütterungen hat sie auch bewiesen, diese Batterie war u.a. im Dirtbike eingebaut !

So, genug der Schwärmerei ;-)

Typ und Preis kann ich bei Interesse raussuchen.
Ich werde "nie" wieder die alten, offenen Batterien in meine Moppeds einbauen.
Zuviel Wartungsaufwand, geringere Startleistung, möglicher Säureaustritt !

Es liegen mehrere Jahrzehnte Entwicklungsarbeit zwischen den klassischen und den VRLA/MF-Batterien !!!
Die Ausgangsbasis ist immer noch die gleiche, aber man denke hier z.B. an die Fortschritte des Viertaktmotors über 30 oder gar 50 Jahre. Da ist die Ausgangsbasis auch die gleiche, aber was rauskommt ist deutlich verbessert.

LG, Michael

RE: 78er Twin Motor kaputt

Verfasst: Mi 17. Dez 2014, 18:03
von Ralf Wilde
Hallo Michael,

super!! Wieder was dazugelernt !! :) )
Vor Allem weiss ich jetzt, was mir als "Gel-Batterie" verkauft wurde....
Bei meiner ersten "Gel" habe ich gute Erfahrungen gemacht: sehr gute Start-Leistung und relativ lange Lebensdauer. Allerdings sehr teuer damals (vor ca. 10J.). Hatte mich deshalb bewogen später wieder welche zu kaufen, für beide HD´s. Hier waren die Erfahrungen aber leider etwas ernüchternd: immer noch teuer, relativ gute Startleistungen, aber leider recht kurze Lebensdauer. Deshalb war ich zuletzt wieder auf die "Oldtimer"-Säure-Version zurückgegangen. Aber deine Ausführungen habe meine Unwissenheit (und die fast aller Batterie-Verkäufer!) endlich aufgeklärt. Ich denke, dass wird mir in Zukunft Geld und Frust ersparen :)

Beste Grüße, Ralf