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RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: So 4. Feb 2018, 16:02
von martin s aus b
Also, zurück zum Kettenspanner

onkelheri hat geschrieben: Nun Martin, das Thema Kettenspanner habe ich ja auch in Arbeit... nur wer opfert einen Motor für einen Testlauf...?
Hallo Heri,

ich hab meine GS-Motor zwecks Umbau auf Sechsgang zerlegt und auch dort einen angefressenen Spanner gefunden.
IMG_3492.JPG
IMG_3488.JPG


Den Motor hatte ich vor dem Bau der GS offen und damals war der Spanner noch ok, seitdem bin ich damit knapp 30.000 km gefahren.

Interessant ist hier daß die Abstützung der Rastierhülse aus ihrer Bohrung gewandert ist, dh. das Rastiersystem hat irgendwann komplett versagt was meines Erachtens auf ein Schwingungsproblem hindeutet.
IMG_3491.JPG
Und (Resonaz-)Schwingungen der Kette zum Hinterrad hatte der Motor in der GS anfangs so extrem daß er unter Vollast im fünften Gang nur mit Mühe über die 4.000 Umdrehungen kam wo die Kawa-Twins alle diese eklige Schwingung haben. Bis ich eine Kunststoffkettenführung für die Hinterradkette gebaut hab, seitdem ist Ruhe - beinahe wenigstens. Jetzt wird die Schadensanalyse natürlich spekulativ aber wenn die Hinterradkette eine Resonanzschwingung hat schwingt der ganze Triebstrang von der Kurbelwelle bis zum Hinterrad und damit auch das an die Kurbelwelle angekoppelte Balancersystem. Vielleicht reicht das ja um den Ratschenmechanismus zu überlisten, der ist eh eher windig konstruiert.

Womit wir zurückkommen zu Deiner Anmerkung daß Du möglicherweis eine Lösung aber keinen Versuchsträger hast.

Ich bau in diesen Motor einen anderen gebrauchten Kettenspanner mit besserem Zusatand ein. Den Ratschenmechanismus würd ich versuchen durch eine Queranpressung der Rastierhülse zu stabilisieren. Nicht mit einer außenliegenden Feder wie das jetzt in meiner #870 B seit ca drei Jahren ohne offensichtliche Störungen läuft...

http://www.z750twin.de/zforum/attachment.php?aid=4808


... sondern so, mit einer gekapselten Druckfeder plus Kugel.
Zusatzrastierung.JPG
Hat gegenüber der Lösung bei der B den Vorteil daß die zusätzlichen Teile auch bei Versagen, Bruch, ... nicht irgendwo im Motor rumschwirren können. Ich hab das schon mal an einem alten Spanner ausprobiert, machen lässt sichs. Obs dauerhaft funktioniert - no risk, no fun.

Wenn Du aber eine bessere Idee hast, raus damit, ich hätte jetzt den Versuchsmotor dazu.

Martin

RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Mo 5. Feb 2018, 00:01
von twinshocker
Hallo Martin,

mal kucken ob ich das richtig verstanden habe:
Dieser Ratschenmechanismus "ratscht" manchmal wenn er es nicht soll. Das willst du durch die seitliche Vorspannung stabilisieren.
Meinst du nicht daß die Kugel den Mechanismus evtl. hemmt weil sie ja auch mal in einem Gewindegang sitzen kann ?
Wäre da ein kurzer Bolzen mit gerader Stirnfläche nicht besser ?

RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Mo 5. Feb 2018, 17:53
von onkelheri
Also wenn man mal 5 minuten nicht mitliest ...

Hi zusammen... ja der Rastbolzen gefällt mir ... würde aber eher zu einer hydraulischen Lösung tendieren .. die Gründe wurden oben genannt, die Raste rastet ja in beiden Richtungen ... was den Kunstsoff betrifft: hier besitze ich ein Material dem ich die Belastung zutraue weil er so in der Industrie eingesetzt wird. Das Fräsen sehe ich als das geringere Problem.

Gruß Heri

RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Di 6. Feb 2018, 21:04
von martin s aus b
onkelheri hat geschrieben: ... die Raste rastet ja in beiden Richtungen  ...
Hallo Olli, Heri,

ich hab hier mal aus 'Hardy's Infoblatt' http://www.z750twin.de/hardys_infoblatt.htm einen Bildausschnitt rauskopiert ...
spannerhülse.JPG
... auf dem die Geometrie der Spanner-Rastierhülse sehr schön zu sehen ist. Ein Sägengewinde, das nur in eine Richtung rastet und in die andere frei geht. Die Rastfunktion selbst ist dadurch realisiert, daß der Rastbolzen im oberen Teil des Spanners in einer Bohrung und unten an seinem kugeligen Ende in der Spannschiene in einer Kugelpfanne geführt wird. In dieser Bohrung ist auch der Ring mit dem allerdings eine Gewindegröße größeren 'Mutterngewinde' eingepresst. Die Bohrungsachse geht nicht durch die Mitte der Führungspfanne wodurch sich der Bolzen unter der Kraft seiner Vorspannfeder schräg stellt, dabei im Mutterngewinde seitlich abstützt und so verriegelt

Rastierfunktion.JPG
Die ganze Konstruktion ist recht wackelig, wenn das System in Schwingungen gerät überhüpft die Raste, ratscht, verschleißt, ..., hab ich vorne irgendwo beschrieben.

Statisch funktioniert die Rastfunktion, ich habs ausprobiert, sowohl unter der Querkraft der relativ harten Blattfeder plus Kugel wie ich sie iim Motor meiner B verbaut hab ...
Blattfederraste.JPG
... als auch mit einer weicheren Druckfeder plus Kugel die beide dafür sorgen daß die Raste nicht so leicht abhebt. Die Blattfeder drückt eigentlich von der falschen Seite und ist härter, dh. größere Kraft als die Druckfederlösung, trotzdem bleibt der Mechanismus auch unter dieser Querkraft nicht stecken, dh. die Kraft der eigentlichen Spannerfeder ist so groß, daß sie die Reibung/Hemmung durch den Anpressmechanismus überwindet.

Das mit der Hydraulik hätte natürlich Charme  aber das Teil bietet so wenig Platz und ist innerhalb der Balancerkette so verbaut daß mir keine Lösung eingefallen ist wie da Drucköl ranzubringen wäre.

Hier gibts übrigens auch bei Kawasaki noch eine andere Konstruktion  http://moppedsammler.de/data/documents/ ... wasaki.pdf  Das, ein möglicherweis bei abgenommener Ölwanne einstellbarer Spanner, sollte man sich nochmal genauer anschaun. Könnt ja robuster ausgeführt sein als der hier Beschriebene.

Aber wenn da jemand eine Idee, auch eine ganz andere, hat gerne!


Martin

RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Di 6. Feb 2018, 21:07
von martin s aus b
onkelheri hat geschrieben: ... den Kunststoff betrifft: hier besitze ich ein Material dem ich die Belastung zutraue ....
Welches Material? Her damit, zumindest die untere Spannschiene mit ihrer relativ einfachen Geometrie könnt man sicher aus Vollkunststoff herstellen, das haben moderen Pkw-Motoren auch.

RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Mi 7. Feb 2018, 03:35
von onkelheri
Ruhig Brauner... Ich bin ja dran... nebenbei den Nachschub checken!

RE: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Mo 19. Feb 2018, 18:16
von onkelheri
So Leute,

ich habe nun mehrere Tage erfolglos mein Material gesucht, dann meinen Mut zusammengekratzt und in der alten Firma angefragt. Wenn alles gelingt bekomme ich das Material diese Woche noch. Wer dann cncmäßig sich vordrängelt kann dann sich meine Idee dazu anschauen und loslegen.

Gruß Heri

Re: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Fr 28. Dez 2018, 02:01
von Michael
Hi Martin,
danke für die Vorlage !
Ich habe heute mal den Spanner mit deiner Idee der dünnen Federstahlplatte und Kugel nachgebaut.
Als Kugel habe ich eine mit 6mm Durchmesser gewählt, die Befestigungsschraube ist eine M5.

Die Arbeiten am Spanner waren im wahrsten Sinne spannend und ich konnte zusätzlich an einem alten, völlig zerstörten Spanner experimentieren.
So habe ich auch Probebohrungen machen können und anschließend das Teil mittig zersägt.

Mein Konstrukt ist leider etwas windschief geworden, sollte aber seinen Dienst tun.
Das Loch für die Kugel ist nicht ganz durchgebohrt, so kann die Kugel nicht nach innen rausrutschen und wird dennoch noch von der Blattfeder gehalten.

Ein paar Bilder dazu:
20181227_202619 (Custom).jpg
20181227_203607 (Custom).jpg
20181227_203814 (Custom).jpg
20181227_204730 (Custom).jpg
20181227_205504 (Custom).jpg

Bei der nächsten Version werde ich das Kugelloch gleich oberhalb der eingepressten Hülse bohren.
Eigentlich wollte ich durch die Hülse bohren, aber die ist so hart, das mir das nicht gelungen ist.
Die Schraube habe ich jetzt genau am Übergang zwischen dem Sackloch und dem Vollmaterial gesetzt.
Dadurch habe ich der Feder einen Teil der Auflagefläche genommen und ein ordentliches Gewinde für eine längere Schraube bekommt man trotzdem nicht hin. Also werde ich versuchen, das nächste Schraubenloch oberhalb des Sacklochs in das Vollmaterial zu bohren, dann hat die Blattfeder auch etwas mehr Federweg.

Bei meinen Bewegungstests hat sich gezeigt, dass die ansonsten schon als verschlissenen zu bezeichnenden Teile wieder einrasten.
Nicht ganz zuverlässig, aber wenn sie mal eingerastet haben, dann bleiben sie auch in Position.
Allerdings schafft es meine Blattfeder samt Kugel die Hülse so festzuklemmen, das sich sich nicht weiter herausbewegt.
Mit etwas hin- und herbewegen der gefederten Schiene löst sich die Hülse aber wieder und die Schiene wird wieder gespannt.
Das bewegen der Schiene wird sich bei laufenden Motor unweigerlich einstellen, somit sollte das automatische nachstellen des Spanners auch wieder funktionieren.

Ich lasse mich gerne angenehm von der Funktion überraschen, bin gespannt wie lange der leider schon etwas angegriffene Gleitbelag das mitmacht und hoffe, das mir der Kram nicht mal in den Motor fällt ;)
Zumindest habe ich reichlich Loctite mittelfest auf die Schraube aufgetragen und das kann jetzt schon mal trocknen / aushärten.

LG, Michael

Re: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Fr 28. Dez 2018, 11:50
von Mike
Hei
Die Ausgleichgewichte, respektive die Ketten und das Gedöns braucht der Motor jedenfalls.
In der Anfangszeit gab es mal einen Schrauber in der IG der die Gewichte samt dem Rest ausgebaut hat und versucht hat damit zu fahren.
Ist wohl nicht weit gekommen. Kurbelwellenbruch!

Gruß Mike

Re: Der Spanner der Balancerkette - brauchts den und falls ja wie

Verfasst: Fr 28. Dez 2018, 13:37
von martin s aus b
Hallo Zusammen,

ich hab an dem Thema noch ein wenig weiter gewurstelt.

Der Ausgleichswellenkettenspanner ist kein Spanner im eigentlichen Sinn sondern ein automatischer Ersteinstellmechanismus zum Ausgleich der Toleranzen im Kettentrieb der Ausgleichswellen und im Betrieb ein System zur Nachstellung des Verschleiß und eventueller Kettenlängung. Die Feder im Spanner spannt nicht etwa die Kette sondern rückt nur die Rastierhülse nach.

Unter dieser Überschrift hab ich die bereits nach 30.000 km Fahrstrecke deutlich angefressene Spannerschiene, die ich anläßlich des Getriebeumbaus meines Enduro-Motors, siehe oben auf Seite 3, vorgefunden habe, mal neben die anderen Schienen gelegt, die ich im Lauf der Zeit gesammelt habe.


IMG_4515.JPG
Verschleiß.JPG


Das rote Kreuz zeigt die Mitte der vorgegossenen Kuhle in der sich die Rastierhülse in der Schiene zentriert und auf den Fotos ist zu sehen, daß sich die Rastierhülse immer einseitig in die Spannschiene einarbeitet. Das ergibt sich zwangsläufig aus der Konstruktion der Spannereinheit, die Rastierhülsenbohrung hat zum Drehpunkt 82,5 mm Abstand, die Führungskuhle in der Schiene hat 84,5 mm, damit stellt sich die Hülse unter Federkraft schräg und rastiert durch diese Schrägstellung mit ihrem Sägezahngewinde im Innengewinde der im Spannerhehäuse eingepressten Gewindehülse.


spanner1.JPG
spanner2.JPG


Ein ganz einfaches Prinzip das nur den Schönheitsfehler hat daß das Gewinde der Rastierhülse bei Schwingungen im Kettensystem vom Gegengewinde abhebt und dabei beide Sägezahngewinde so weit verschleißen daß Kettenkräfte bereits bei 'Normalbetrieb' die Raste überdrücken. Bei verrundetem, nicht mehr scharfkantigem Gewinde ist das dann tatsächlich nur noch ein federbelasteter Spanner ohne Rastierung / Wegbegrenzung. Die Kettenkräfte überdrücken die Spannerfeder, die Kette der Asugleichswellen bekommt 'Luft', läuft an ihren Umlenkpunkten der Fliehkraft hinterher soweit als möglich 'gradaus' und verschleißt dabei die Spannschiene und die Führung.

Die Blattfeder und Kugel - Lösung vergrößert die Querkraft auf die Rastierhülse, 'behindert' / verhindert dadurch das Abheben der Hülse unter Schwingungen und verhindert dadurch auch den Verschleiß der Rastierung. Beim Motor der Enduro hab ich jetzt versucht die Querkraft in Relation zur Federkraft ohne zusätzliche Teile durch eine andere Form der Rastierkuhle zu vergrößern.


Kraftaufteilung.JPG


Der Anlagewinkel α der Kugel in der gegossenen Kuhle bestimmt die Richtung der resultierenden Kraft FR im Anlagegepunkt und damit die Höhe der aus der vorhandenen Federkraft FF resultierenden Querkraft FQ. Weil die gegossene Kuhle sehr flach und damit der Winkel α klein ist wird die Kraftaufterilung ungünstig und die Querkraft FQ ebenfalls relativ klein. Ich hab jetzt einfach mal die Kuhle mit einem 90°-Senker nachgearbeitet was den Anlagewinkel steiler macht und die Querkraftkomponente dadurch deutlich vergrößert.

Möglicherweis reicht das schon um das Abheben der Hülse zu verhindern. Weiß ich allerdings erst sicher wenn ich den Motor mal wieder aufmachen muß, hoffentlich also nie. Aber auch hier gilt, no risk, no fun!!!

Kommentare und andere Ideen willkommen!!!!

Martin