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Lichtmaschine- Frage an die Elektroexperten

Verfasst: Fr 29. Apr 2016, 11:27
von martin s aus b
Hallo Zusammen,

aus aktuellem Anlass hab ich grad mehrmals den elektrischen Teil des Werkstatt-Handbuchs konsultiert und dabei (wieder) gelesen, daß Kawasaki mit dem Wechsel von B1/B2 zu B3 und Nachfolgern zum einen den Tausch von getrenntem Gleichrichter und elektronischem Regler zu einer kombinierten Einheit und zum andern von einer Drehstrom- auf eine Wechselstromlichtmaschine vollzogen hat.

Meine elektrischen Kenntnisse werden oberhalb der  'rot ist plus und schwarz ist minus' - Ebene relativ schnell recht dünn aber ich war immer der Meinung, daß eine Drehstrom-Lichtmaschine 'mehr' kann wie ein Wechselstrom-Teil. Diese Erkenntnis hab ich, wenn ich drüber nachdenke, für mich möglicherweis auch aus der Elektromotorenecke abgeleitet.

Kann mich einer der ausgewiesenen Forumselektriker hier bitte aufschlauen?

Schon mal vielen Dank!

Martin

RE: Lichtmaschine- Frage an die Elektroexperten

Verfasst: Fr 29. Apr 2016, 13:06
von Werner
Hi Martin,

ob Dreh oder Wechselstrom ist eigentlich egal für den Zweck. Das was die Lichtmaschine liefert muss ja in Gleichspannung umgewandelt werden.
Aber zu dem Thema kann Michael sicher eine professionelle 100 seitige Abhandlung schreiben, denn der macht das beruflich ;)

RE: Lichtmaschine- Frage an die Elektroexperten

Verfasst: Fr 29. Apr 2016, 18:05
von Michael
Danke, Werner !
Die 100 Seiten muß ich erst noch verfassen ;-)

Martin,
ich habe ein paar schöne Grafiken, die das Thema WS-Stromerzeugung in LiMas behandeln.
Die mögliche Leistungsfähigkeit der einphasigen (B3 und neuer) bzw. dreiphasigen (B1/B2)-LiMas unterscheidet sich in etwa um das Verhältnis Wurzel2 (1,41) zu Wurzel 3 (1,74). Ein paar Integrale kommen noch dazu, aber die kann man vernachlässigen und bringen den Wert der dreiphasigen LiMas geschätzt rauf auf 1,8.

Da die Bordelektrik mit nominell 12VDC betrieben wird, sind diese Details auf der Wechselspannungsseite aber eher zu vernachlässigen.

Der wesentliche Unterschied dieser beiden Lichtmaschinentypen liegt in der Art der Erregung, also der Erzeugung des Magnetfelds !

Die LiMas der B1/B2 sind "fremderregt".
Die aussenliegende Spule muß (von der Batterie) mit Strom durchflossenwerden, damit ein Magnetfeld erzeugt wird.
Keine funktionsfähige Batterie zur Magnetfelderzeugung => kein Strom von der LiMa, auch nicht bei drehender Kurbelwelle.
Vorteil der "Fremderregten" ist, dass das Magnetfeld vom Regler so beeinflußt wird, das nur die erforderliche Strommenge produziert wird. Der Regler hat und braucht keine Kühlrippen zur Wärmeabfuhr.
Die "Fremderregten" sind die intelligentere Art Strom zu erzeugen, sind aber teurer in der Fertigung.

Bei allen späteren Modellen wird eine "selbsterregte" LiMa verwendet.
Da sind Permanentmagneten im Polrad eingegossen und sobald sich die Kurbelwelle dreht (z.B. Kickstart) wird Strom erzeugt.
Eine "Selbsterregte" ist nicht auf eine Batterie angewiesen.
Diese Bauart ist einfacher und billiger.
Da sie aber unabhängig vom aktuellen elektrischen Leistungsbedarf immer den zur Motordrehzahl äquivalenten Strom erzeugt, wird im Normalfall (Fahrbetrieb) zuviel Strom produziert.
Der Regler der "Selbsterregten" leitet den zuviel produzierten Strom durch einen getakteten, kontrollierten Kurzschluß gegen Masse ab und erwärmt sich dadurch (stark). Daher haben diese Regler immer Kühlrippen und müssen auch durch geeignete Montageposition vom Fahrtwind gekühlt werden. Bei einigen anderen Motorrädern müssen die Regler auch vollflächig auf Metall montiert werden und sogar Wärmeleitpaste (vgl. PC/Microprozessor/Kühlkörper) kommt zum Einsatz, um den Regler zu kühlen = die Wärme abzuleiten.

Hilft dir diese Beschreibung schon mal weiter ?

LG, Michael

RE: Lichtmaschine- Frage an die Elektroexperten

Verfasst: Fr 29. Apr 2016, 19:00
von ausreiter
Hallo,

das ist ja toll erklärt, für jeden verständlich. :) :)

Aber waren es nur günstigere Fertigung oder ist die spätere Lima nicht auch zuverlässiger?
Hab da mal sowas auf Twin Treffen gehört und muss da mal den Fachmann, Michael , fragen.

Übrigens fahre ich von je her die 3 Phasige Lima, ohne Probleme. Nur einmal, da hats immer
die Batterie leergezogen. Hatte sich der Minusanschluss vom Rahmen verabschiedet.
Nur bis ich drauf gekommen bin. 
Also immer schön auf die Kontakte achten. :cool:

Grüße
Peter

RE: Lichtmaschine- Frage an die Elektroexperten

Verfasst: Sa 30. Apr 2016, 02:26
von Michael
Hi Peter,

zuverlässiger sind die "Selbsterregten" (B3 und später), also die mit magnetischem Polrad.
Warum (aus Sicht dieser späteren LiMa) ?

a) Man braucht keine funktionsfähige Batterie für die LiMa.

a2) Sehr wohl brauchen die kontaktlosen Zündungen (der LTDs) eine funktionsfähige Batterie (mit kleiner Kapazität), sonst funktioniert die CDI-Einheit ("Ignition Box") nicht ausreichend oder garnicht.

b) Es kann die aussenliegende Spule nicht durchbrennen, da sie nicht existiert.

Noch was dazu:
Die Rotoren - also auch die Schwungmassen an der Kurbelwelle - der B1/B2 und der späteren Modelle sind unterschiedlich schwer !
Damit sollte sich auch die Gasannahme sowie der Widerstand gegen Abwürgen des Motors unterscheiden.

... und noch eins:
Die unterschiedlichen Koni der beiden LiMa-Rotoren haben ihre Fortsetzung in unterschiedlichen Kurbelwellenenden (links).
Man kann ohne weiteren Aufwand keinen Tausch der LiMas der B1/B2 gegen die der späteren Modelle vornehmen !

LG, Michael