Drehzahlmesser zerlegt
Verfasst: So 14. Apr 2019, 00:25
Moin,
vielleicht ist ja der eine oder andere interessiert, wie sich ein Drehzahlmesser zerlegen lässt und wie so ein Teil innendrin aussieht.
Warum das Ganze? Nach meiner Restaurierung 2016 zeigten beide Instrumente bei höheren Drehzahlen bzw Geschwindigkeiten nicht mehr richtig an - Der Zeiger bleibt irgendwo bei 130 km/h bzw. 5500 min-1 hängen, um dann manchmal wild zappelnd das ganze Messband zu nutzen - wertlos.
Ich hatte damals lernen müssen, dass man Instrumente NIE kopfüber lagern soll. Ich habs gemacht - 5 Monate lang...
Da der Tacho oberhalb 130 bei mir eh kaum noch aktiv ist und wenn, dann relativ uninteressant ist, wieviel genau man fährt, war mir der Drehzahlmesser wichtiger.
Letztes Jahr konnte ich einen gebrauchten aus einer B1/B2 bekommen, der gut funktioniert. Leider haben mich zwei Kleinigkeiten gestört: Die B3 hat ein etwas anderes Erscheinungsbild mit türkisem Rand ums Zifferblatt und das Glas des erworbenen Instruments ist von innen verschmutzt (gewesen).
Also Innereien tauschen. Dazu muss man allerdings den Edelstahlring aufbördeln.
Ich habe mir dazu zwei Werkzeuge gebaut.
Die Halteplatte, die besonders später beim Zubördeln benötigt wird und ein kleines scharfes Biegewerkzeug, mit dem ich zwischen Sockelplatte und Ring komme und millimeterweise den Ring aufbiegen kann Das klappt mit etwas Geduld ganz gut, so dass man irgendwann Ober- und Unterteil trennen kann. Man kann sogar weiter zerlegen, denn bis auf zwei Stellen ist alles geschraubt. Blöderweise ist die Tachonadel wohl auf die Welle geklebt und lässt sich nicht einfach abziehen. Das verhindert die Demontage des Ziffernblatts. Und der Tragrahmen ist oben verstemmt, so dass man auch die Zeigerwelle samt Glocke und Rückholfeder nicht separieren kann.
Bis dahin konnte ich nicht entdecken, warum eine Kopfüberlagerung schädlich ist. Ich hatte eine Dämpferdose o.ä. erwartet, in der eine Ölfüllung den Zeiger bremst. Da war aber nichts.
Aber man kann den Antrieb abnehmen und an der Stelle erkennt man dann die Stellen, die durch Verschleiß Spiel bekommen und möglicherweise durch mangelnde Schmierung für die o.a. Probleme sorgen: Die Zeigerwelle ist unten in einem Zinkdruckguss-Lager gehalten, dessen Bohrung bei mir nicht mehr wirklich rund ist. Hier hat die Glocke radiales Spiel - möglicherweise so viel, dass sie den rotierenden Anker berührt. Spuren hab ich nicht gesehen, ich könnte mir aber vorstellen, dass eine Glocke, deren Abstand zum Anker sich ändert, nichts Vernünftiges mehr anzeigt.
Blick von unten in die Glocke
Die Glocke ist auf die Zeigerwelle nur aufgepresst und lässt sich mit etwas Kraft verdrehen. Das ändert dann die Anzeige bei definierter Drehzahl >> so kann das Instrument geeicht werden. Ich habe beide Instrumente an einer Akkubohrmaschine betrieben und konnte so feststellen, dass mein eigener um etwa 100 1/min bei 2900 1/min (das war das, was die Bohrmaschine geschafft hat....) nachgeht
Die zweite spielbehaftete Stelle ist die Ankerwelle. Diese ist auf fast kompletter Länge im Gewinderohr gleitgelagert und lief bei mir, na ja, nicht wie erwartet: Mal leichter, mal schwerer. Möglicherweise ist hier die Stelle, wo durch falsche Lagerung Schmiermittel austreten konnte. Spuren habe ich aber keine entdecken können. Die Welle hat axiales Spiel, d.h. der Anker kann sich seinerseits der Glocke annähern oder eben wegbleiben
Gewinderohr mit Anker
Beide Spiele sind wohl irreparabel. Ich habe die Ankerwelle in Bremsenreiniger gebadet und mit frischem Nähmaschinenöl "befüllt" und die Zeigerwelle mit Hahnfett im Lager etwas lagestabiler gemacht, aber so wirklich überzeugt bin ich nicht.
Deshalb habe ich dann die Innereien des B2-Instruments in mein Gehäuse transplantiert und nebenbei noch die Leuchtfarbe des Zeigers und des roten Bereichs aufgefrischt.
Das Zubördeln geht easy, wenn man das Unterteil (samt Mechanik und Ziffernblatt) mit Kraft auf den Dichtring presst (über Kopf...) und dann - lastfrei - Stück für Stück mit Hammer und Durchtreiber den Ring umformt. Da die bearbeitete Fläche hinterher vom Instrumentenbecher abgedeckt ist, sind die Spuren dieser Bearbeitung relativ uninteressant.
So, und wenn die Temperaturen hier mal wieder einigermaßen zweiradkonform sind, probiere ich das Ganze aus.
Ich habe etwa zwei Stunden für die beiden Instrumente gebraucht. Mir erschließt sich nicht so ganz, warum Profis für solche japanischen Instrumente dann 400€ für eine Überholung aufrufen, bloß weil die zugebördelt sind...
Bye
Carsten
vielleicht ist ja der eine oder andere interessiert, wie sich ein Drehzahlmesser zerlegen lässt und wie so ein Teil innendrin aussieht.
Warum das Ganze? Nach meiner Restaurierung 2016 zeigten beide Instrumente bei höheren Drehzahlen bzw Geschwindigkeiten nicht mehr richtig an - Der Zeiger bleibt irgendwo bei 130 km/h bzw. 5500 min-1 hängen, um dann manchmal wild zappelnd das ganze Messband zu nutzen - wertlos.
Ich hatte damals lernen müssen, dass man Instrumente NIE kopfüber lagern soll. Ich habs gemacht - 5 Monate lang...
Da der Tacho oberhalb 130 bei mir eh kaum noch aktiv ist und wenn, dann relativ uninteressant ist, wieviel genau man fährt, war mir der Drehzahlmesser wichtiger.
Letztes Jahr konnte ich einen gebrauchten aus einer B1/B2 bekommen, der gut funktioniert. Leider haben mich zwei Kleinigkeiten gestört: Die B3 hat ein etwas anderes Erscheinungsbild mit türkisem Rand ums Zifferblatt und das Glas des erworbenen Instruments ist von innen verschmutzt (gewesen).
Also Innereien tauschen. Dazu muss man allerdings den Edelstahlring aufbördeln.
Ich habe mir dazu zwei Werkzeuge gebaut.
Die Halteplatte, die besonders später beim Zubördeln benötigt wird und ein kleines scharfes Biegewerkzeug, mit dem ich zwischen Sockelplatte und Ring komme und millimeterweise den Ring aufbiegen kann Das klappt mit etwas Geduld ganz gut, so dass man irgendwann Ober- und Unterteil trennen kann. Man kann sogar weiter zerlegen, denn bis auf zwei Stellen ist alles geschraubt. Blöderweise ist die Tachonadel wohl auf die Welle geklebt und lässt sich nicht einfach abziehen. Das verhindert die Demontage des Ziffernblatts. Und der Tragrahmen ist oben verstemmt, so dass man auch die Zeigerwelle samt Glocke und Rückholfeder nicht separieren kann.
Bis dahin konnte ich nicht entdecken, warum eine Kopfüberlagerung schädlich ist. Ich hatte eine Dämpferdose o.ä. erwartet, in der eine Ölfüllung den Zeiger bremst. Da war aber nichts.
Aber man kann den Antrieb abnehmen und an der Stelle erkennt man dann die Stellen, die durch Verschleiß Spiel bekommen und möglicherweise durch mangelnde Schmierung für die o.a. Probleme sorgen: Die Zeigerwelle ist unten in einem Zinkdruckguss-Lager gehalten, dessen Bohrung bei mir nicht mehr wirklich rund ist. Hier hat die Glocke radiales Spiel - möglicherweise so viel, dass sie den rotierenden Anker berührt. Spuren hab ich nicht gesehen, ich könnte mir aber vorstellen, dass eine Glocke, deren Abstand zum Anker sich ändert, nichts Vernünftiges mehr anzeigt.
Blick von unten in die Glocke
Die Glocke ist auf die Zeigerwelle nur aufgepresst und lässt sich mit etwas Kraft verdrehen. Das ändert dann die Anzeige bei definierter Drehzahl >> so kann das Instrument geeicht werden. Ich habe beide Instrumente an einer Akkubohrmaschine betrieben und konnte so feststellen, dass mein eigener um etwa 100 1/min bei 2900 1/min (das war das, was die Bohrmaschine geschafft hat....) nachgeht
Die zweite spielbehaftete Stelle ist die Ankerwelle. Diese ist auf fast kompletter Länge im Gewinderohr gleitgelagert und lief bei mir, na ja, nicht wie erwartet: Mal leichter, mal schwerer. Möglicherweise ist hier die Stelle, wo durch falsche Lagerung Schmiermittel austreten konnte. Spuren habe ich aber keine entdecken können. Die Welle hat axiales Spiel, d.h. der Anker kann sich seinerseits der Glocke annähern oder eben wegbleiben
Gewinderohr mit Anker
Beide Spiele sind wohl irreparabel. Ich habe die Ankerwelle in Bremsenreiniger gebadet und mit frischem Nähmaschinenöl "befüllt" und die Zeigerwelle mit Hahnfett im Lager etwas lagestabiler gemacht, aber so wirklich überzeugt bin ich nicht.
Deshalb habe ich dann die Innereien des B2-Instruments in mein Gehäuse transplantiert und nebenbei noch die Leuchtfarbe des Zeigers und des roten Bereichs aufgefrischt.
Das Zubördeln geht easy, wenn man das Unterteil (samt Mechanik und Ziffernblatt) mit Kraft auf den Dichtring presst (über Kopf...) und dann - lastfrei - Stück für Stück mit Hammer und Durchtreiber den Ring umformt. Da die bearbeitete Fläche hinterher vom Instrumentenbecher abgedeckt ist, sind die Spuren dieser Bearbeitung relativ uninteressant.
So, und wenn die Temperaturen hier mal wieder einigermaßen zweiradkonform sind, probiere ich das Ganze aus.
Ich habe etwa zwei Stunden für die beiden Instrumente gebraucht. Mir erschließt sich nicht so ganz, warum Profis für solche japanischen Instrumente dann 400€ für eine Überholung aufrufen, bloß weil die zugebördelt sind...
Bye
Carsten