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Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Sa 7. Sep 2019, 20:49
von martin s aus b
Siehe nachfolgende Text, hat damit jemand prakische Erfahrung, wie müssen die Zündkurven bei der Z geändert werden?

Martin

… stellt sich die Frage, warum eine Verstellbarkeit des Zündzeitpunkts überhaupt notwendig ist. Damit der Motor optimal läuft muss man erreichen, dass das Gemisch kurz nach dem oberen Totpunkt (OT) so weit verbrannt ist, dass es den maximalen Druck ausübt. Da es ja einige Zeit braucht, bis das Gemisch verbrannt ist, muss man es schon zünden, bevor der Kolben den OT erreicht. Je schneller sich der Motor dreht, desto schneller bewegt sich der Kolben, er braucht also weniger Zeit um den OT zu erreichen und dementsprechend muss auch mit steigender Drehzahl der Zündzeitpunkt früher gewählt werden. Diese Aufgabe erledigt die mechanische Fliehkraftverstellung.
Warum braucht man also noch zusätzlich eine Unterdruckverstellung? Die Zeit, die das Benzin-Luft Gemisch benötigt, um zu verbrennen, ist umso länger, je magerer das Gemisch ist. Bei Rennfahrzeugen spielt das keine Rolle, da diese ja die meisten Zeit Vollgas Fahren, aber Straßenfahrzeuge befinden sich die meiste Zeit im Leerlauf oder Teillastbereich, der im Idealfall auf Lambda 1 abgestimmt ist. Ohne eine zusätzliche Verstellung wird also entweder bei Vollgas zu früh gezündet und der Motor klingelt, da durch die fettere Abstimmung das Gemisch zu schnell und somit nicht kurz nach OT sondern deutlich vor OT verbrannt ist, oder aber im Teillastbereich und bei Leerlauf ist das Gemisch viel zu spät verbrannt, im Extremfall kann dies sogar so weit gehen, dass das Auslassventil geöffnet wird, während das Gemisch noch verbrennt und das Ventil somit beschädigt wird. Genau deswegen gibt es die Unterdruckverstellung: Im Teillastbereich und im Leerlauf, wo die Drosselklappe weit verschlossen ist und somit ein hoher Unterdruck im Ansaugtrakt nach der Drosselklappe vorhanden ist, stellt dieses System die Zündung früher, um somit die bei magerem Gemisch längere Verbrennungsdauer auszugleichen. Bei voll geöffneter Drosselklappe und somit fetter Gemischanreicherung beeinflusst das System den Zündzeitpunkt nicht, da kein Unterdruck im Ansaugtrakt vorliegt.


Re: Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Mo 9. Sep 2019, 00:12
von bikeorslk
Hi Martin,

ich bin mal gespannt auf die Antworten der Motoren- und Vergaser-Spezis.

Beim Nachdenken fallen mir zwei Dinge auf:

1. Die Verbrennung des Gemischs erfolgt zwar explosionsartig, aber dennoch braucht die Flammfront eine Gewisse Zeit, dem Brennraum auszufüllen.
JE KLEINER der Brennraum, umso weniger wirken sich die o.a. Unterschiede zwischen fett und mager aus, weil einfach die zurückzulegende Strecke kürzer ist. Insofern sind unsere Motoren mit den beiden Milchdosen nicht vergleichbar mit größeren Hubräumen (Erbsensuppendosen bei einem US Big Block...). Ja, ich weiß, ein 1500er Vierzylinder hat die gleichen Brennkammern...

2. Die Verbrennung bei Lambda = 1 ist bei Vergasermotoren sowieso nur ein theoretischer Wunsch, auch wenn unsere Membranvergaser eine Art Regelung vornehmen. Ich vermute, der Nutzeffekt einer Unterdruckverstellung wäre eher gering, weil im Teillastbereich mit geringem Druck im Ansaugtrakt im Moment des Beschleunigens (Klingel-Risiko am größten) sowieso angereichert wird (bei unseren Vergasern via Düsennadel, bei Dellortos oder Fallstromvergasern via Beschleunigerpumpe) und so Klingeln verhindert wird. Die Fliehkraftverstellung sorgt dabei für einen so frühen Zündzeitpunkt, dass fetteres Gemisch gerade richtig zündet.

Nebenbei passt das zu meiner V-Power Spriterfahrung: Im Teillastbereich läuft der Motor runder, weil klopffester, d.h. weniger Klingelneigung

Nun bin ich wirklich gespannt auf eine belastbare Auflösung ;-)

Bye

Carsten

Re: Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Mo 9. Sep 2019, 16:40
von Michael
Hi Martin,
liest sich ja interessant, kenne ich aber nur vom Hören/Sagen von Autos und an denen schraube ich nicht.
Bleibt nur die Frage, warum Moppeds ohne Unterdruckverstellung seit vielen Jahrzehnten problemlos funktionieren ?

Alternativ wird das über eine exakte Drehzahlerfassung, ein TPS (Throttle Position Sensor/Drosselklappensensor) und zugehörigem Steuergerät erledigt. Aus der Drehzahl bzw. Drehzahlveränderung und der Stellung der Drosselklappe (konstant vs. langsam öffnend vs. schnell öffnend) wird der Wunsch nach konstanter Geschwindigkeit, Beschleunigung oder auch Schiebebetrieb erkannt und über das zugehörige Zündkennfeld umgesetzt.

Bin gespannt worauf du hinaus willst ;)

LG, Michael

Re: Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Mo 9. Sep 2019, 20:02
von martin s aus b
Michael hat geschrieben: Mo 9. Sep 2019, 16:40 Bin gespannt worauf du hinaus willst ;)
Hallo Michael, darauf:


Stoffregen.PNG

Eine Zündung für die Twin mit diesem Feature hab ich hier liegen. Jetzt stellt sich aber die Frage wie ich ohne Prüfstand an passende Zündkurven komme. Hatte gehofft daß es dazu von den Zündungen die hier teilweise diskutiert werden, zB. von der Sachse, Erfahrungen gibt

Martin

Re: Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Mo 9. Sep 2019, 22:38
von bikeorslk
Ok,
verstanden. die Frage zu meiner Antwort hattest du eigentlich gar nicht...denn das steht ja eigentlich genau so in deinem zweiten Zitat ;-)

Die von Michael beschriebene Sensorik, die sich sicher in heutigen Motorrädern auch serienmäßig findet, ist sicher zuverlässiger als der Unterdruckregler, der ja auch irgendwo hin muss (Membrandose) und mechanisch an die Fliehkraftverstellung gekoppelt werden muss. Erscheint mir beides aufwändig, aber letztlich vermutlich mit Zündbox und den Sensoren einfacher zu realisieren und zudem genauer

Bye

Carsten

Re: Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Di 10. Sep 2019, 01:45
von Michael
Hi Martin,
ok, verstanden.
Für die Ignitech gibt es nur eine voreingestellte Zündkurve, sehr konservativ, einfach nur damit überhaupt eine drauf ist.
Den Rest muss man sich selber programmieren, sprich per Software Regler schieben bzw. eine Tabelle anlegen und per Kabel übertragen.

Sachse hat 9 vorprogrammierte Zündkurven, unveränderbar, man muss sich durchprobieren und die beste per Mikrostellschraube wählen.
Das Handbuch ist hier zu finden:
https://www.elektronik-sachse.de/manual ... .23-de.pdf
Auf Seite 10 sind die Kurven abgebildet.

Da ich farbenblind bin, ist solch eine Darstellung für mich ziemlich doof und ich brauche stets einen "Sehenden", um mir die Nummer der gewünschten Kurve zu nennen, damit ich die richtige auswählen kann.
In der Renntwin verwende ich nach diversen Versuchen jetzt schon länger die Kurve Nr. 4, habe gerade nochmal nachgeschaut.
Es ist immer noch ein weitgehend serienmäßiger Motor mit 750cm³, Kolben, Zylinder, unbearbeiteter Kopf, also mit Einzelzündkerze.
Mit den Flachschiebern, dem anderen Auspuff und der Auslass- statt Einlass-NW ist der Durchzug gefühlt nicht mehr so stark, dafür ist die Drehfreude enorm und geht regelmäßig bis 7.800 U/min.

LG, Michael

Re: Unterdruckverstellung der Zündkurve

Verfasst: Di 10. Sep 2019, 20:17
von ausreiter
Hallo,

was mir auffällt, eine Verbesserung ist nur mit einer elekt. Zündung zu erreichen, wenn diese mehr als ein Kennfeld/Zündkurve hat, wie die Sachse, aber
zwischen den Kennfelder wohl hin und her geswischt werden sollte, was die Sachse nicht kann, gesteuert über Sensoren an den Drosselklappen.

Das scheint der Knackpunkt zu sein, eine solches Motormanagement wird für den Twin schwierig

Also mir hat die umrüstung auf Digital Zündung einiges gebracht. Zur Zeit nehme ich Zündkurve 1 , damit ist gutes Anspringen und vor allem
früh stabiler Leerlauf, mit den Dellortos, vorhanden.
Bisher war Zündkurve 9 mein Favorit, wegen der schlechten Warmlauf Eigenschaften mit den Schiebergasern jedoch immer nervig.
Zündkurve 1 startet mit mittlerer Frühzündung und hat bei Nenndrehzahl den spätestmöglichen Zündzeitpunkt, die genauen Werte hab ich net im Kopp,sorry.
Infrage kähme noch Zündkurve 8. Hier wir noch später gezündet, beim Motorstart und frühstmöglich bei Nenndrehzahl.

Damit will ich nur zum Ausdruck bringen das andere Kennfelder fühlbare das Laufverhalten beeinflussen, Mehrleistung wird nicht gross generiert,
der Motor läuft jedoch wirkungsvoller,
und unterstützt werden andere Motoränderungen bzw. lassen sich individueller abstimmen.