Mein China-Benzinhahn treibt mich ins Grab
Verfasst: Di 10. Mai 2022, 18:38
Als der Original-Benzinhahn der B vor gut sechs Jahren dauerhaft undicht war hab ich festgestellt, dass die Teile aus der Ersatzteilkiste alle auch nicht besser waren, alle undicht, auf der kegeligen Dichtfläche vom Kraftstoff angefressen oder vielleicht auch das zentrale Kunststoff-Dichtteil nach 40 Jahren durch Ausgasen verformt.
NOS, Neuteile aus 40 Jahre altem Lagerbestand gabs nicht aber stattdessen, zunächst nur bei bei eBay-motors, den „Kawasaki Fuel Valve Petcock Switch Assembly KZ900 KZ1000 A1SS A7SS“ einen chinesischen Nachbauhahn für die Z900. Und der wiederum ist original mit Ausnahme von zwei Schlauchabgängen hinten anstatt einem hinten und einem seitlich baugleich mit dem der 750 B.
Das Teil kommt um 20 US-Dollar frei Haus nach Besigheim. Ich ersetz die vernickelte Überwurfmutter durch eine originale, versetze einen hinteren Anschluß an die Seite und bau ihn ein – Super, sieht aus wie das Original.
Zwei Monate später gibt’s das Teil auch bei eBay Deutschland, ich kauf um 9.99 Euro noch einen als Reserve. 10 Euro für drei Gußteile mit Bearbeitung, Siebchen, Dichtungen, Montage, …, Versand nach Deutschland – nicht zu glauben.
Aber die Sache hat, wie sich dann rausstellt einen Haken, die chinesischen Nachbauer sind zwar billig aber, obwohl China in der Zwischenzeit auch zum Mond fliegt, nicht fähig einen japanischen Benzinhahn wirklich dauerhaft funktionsfähig zu kopieren.
Als ich bei der Abfahrt vom Umbrail-Paß auf Reserve schalten will steckt der Hahn in der 'Normal'-Stellung fest, die Kawa bleibt einen Kilometer vor der Tankstelle mit gut drei Litern nicht anzapfbarem Reservesprit im Tank stehen. Ich leg sie auf die Seite, schraub mit dem Taschenmesser das Halteschräubchen für den Knebel raus, wackel mit dem Taschenmesserschraubenzieher ein wenig am Dichtteil und es geht wieder.
Aber nur ein paar Tage, dann geht das Theater wieder los, er lässt sich nur mit extremem Kraftaufwand auf Reserve drehen. Und außerdem sabbert er. Ich bau ihn ab und zerlege ihn.
Die Ursache fürs Sabbern ist schnell gefunden, der Dichtring (8) hat einen Riß. Zwangsläufig. Beim Schneiden des Gewindes für die kleine Schraube (S) die das Teil zusammenhält gibt’s am Gewindeende einen Grat. Entgratet ist nichts aber beim japanischen Original ist die Innenfläche hier bereits im Guß radial ca. einen halben Millimeter zurückgesetzt, bei der Chinakopie steht der Grat über die bearbeitete Fläche raus über die der O-Ring bei der Montage drüber gequält wird. Damt bekommt er, kleine Ursache, große Wirkung, gleich bei der Erstmontage einen Riß.
Undicht ist er im Übrigen auch in der O-Ring-Nut des Knebels. Der Knebel ist ein Druckgußteil, die Gußform muss dabei quer über die O-Ringnut getrennt werden was zwangsläufig zu zwei gegenüberliegenden kleineren oder, bei Verschleiß der Form, größeren axialen und radialen Versätzen in der Ringnut führt. Die Japaner bearbeiten die Nut, der Gußversatz ist weg, die Chinesen sparen sich das.
Ich arbeite die Nut nach und nehm dickere O-Ringe, dicht.
Was die Schwergängigkeit angeht ist die Lage weniger klar. Die Abdichtung Zu / Normal / Reserve erfolgt wie bei einem alten Zapfhahn über eine konische Dichtfläche, das zentrale Dichtküken (K) (Wikipedia: Seinen Namen erhielt der Zapfhahn möglicherweise von der früher üblichen Gestaltung .... das Küken ist der bewegliche Teil des Schließventils, das passgenau in den konischen Spund ... eingreift ...) wird dabei axial über eine kleine Druckfeder angepresst. In China gibt’s nur eine Bockelhart-Feder. Ich tausch sie gegen eine weichere aus dem japanischen Hahn, besser.
Nach drei Wochen klemmt er wieder.
In ‚technische Mechanik 1‘ wird beim Thema Reibung auch das Unterthema ‚Selbsthemmung‘ behandelt. Es kommt nicht auf die Federkraft an, wenn die Relation Reibwert zu Kegelwinkel nicht passt sitzt ein Kegel unabhängig von der Höhe der Kraft immer fest. Lässt sich berechnen, aber was nützts, der Hahn ist, wie er ist, der Dichtkegelwinkel ist für den hier für das Dichtküken verwendeten Kunststoff bzw dessen Reibwert unter Kraftstoffbenetzung gegen Alu einfach zu spitz.
Uwe ‚tentakelfinger‘ rät auf Nachfrage zu Silikonfett. Das reduziert Reibung und hält sich eine ganze Weile, wäscht sich dann aber auch irgendwann raus. Ich nahm jetzt standardmäßig ein Leathermen-Tool mit damit ich den Hahn auf Reserve drehen kann wenns gar nicht geht. Und reiß bei der Gelegenheit tatsächlich mal den Knebel ab, bekomm den Rest aber mit der Leatherman-Zange noch gedreht und kann auf Reserve weiterfahren.
Der Zweithahn kommt zum Einsatz, ich bring ihn, O-Ring, Feder, Silikonfett, gleich auf den aktuellen Erkenntnisstand. Das geht eine ganze Weile gut, er klemmt auch aber nicht so stark wie der erste und irgendwann hab ich den Trick raus, nicht nur am Knebel zu drehen sondern ihn gleichzeitig nach innen zu drücken. Dann geht’s (meistens).
Bis Mitte 2021. Da wird er richtig undicht. Der deutsche Qualitätskraftstoff hat ein Loch in den chinesischen Guß gefressen. Das hatten wir bei den japanischen Originalteilen auch, dort aber erst nach dreißig, nicht schon nach drei Jahren.
Die zwei bei eBay gekauften Hähne sind tot aber eigentlich hab ich drei: Beim Zweithahn der, wie schon erwähnt, um 9.99 direkt von HONG KONG TING HUI LIMITED kam, ist nagelneu das Filtersieb eingerissen. Ich habs gleich beim Kauf mit einem Foto reklamiert und hab, neben tausend Entschuldigungen, problemlos einen neuen Hahn bekommen, den andern kann ich behalten.
Weil ich nicht alles noch mal neu machen will nehm ich von dem nur das Gußteil und entgrate die Bohrung innen.
Letzten Donnerstag bin ich auf der A81 zwischen Ludwigsburg Süd und Stuttgart-Zuffenhausen, 50 km nachdem ich vollgetankt hatte, stehen geblieben. Das war nicht lustig, die BAB hat dort vier Spuren aber keinen Randstreifen, die erste Spur läuft direkt neben der Leitplanke. Zum allerersten Mal in meinem Leben hab ich mich gefreut daß in Deutschland jeder Pkw links fährt und sogar die LKWs die zweite Spur vorziehen.
Ging nur drei Minuten bis ich gemerkt hab daß nur ‚Normal‘ verstopft war und ich auf Reserve weiterfahren konnte. Zuhaus hat sich dann rausgestellt daß sich das Küken um 90° gegen den Knebel verdreht hat, dh. der Hahn hat jetzt aktuell zwei ‚Zu‘ und eine ‚Offen‘-Stellung.
Bin gespannt was noch kommt!
Bei Peters ‚Z-Hocketse vergangenen Samstag hab ich den hier gesehen.
So einen hab ich, nachdem ich eine Empfehlung im Z-Klassiker-Forum gelesen hab, vor vier Wochen schon bestellt. Kommt auch aus China, passt an der Z900 und damit auch bei der 750 B und sieht gut aus. Axiale Abdichtung, damit schaffens nicht mal die Chinesen Selbsthemmung zu produzieren. Schaun wir mal was sie stattdessen an technischen Überraschungen zu bieten haben.
Martin
NOS, Neuteile aus 40 Jahre altem Lagerbestand gabs nicht aber stattdessen, zunächst nur bei bei eBay-motors, den „Kawasaki Fuel Valve Petcock Switch Assembly KZ900 KZ1000 A1SS A7SS“ einen chinesischen Nachbauhahn für die Z900. Und der wiederum ist original mit Ausnahme von zwei Schlauchabgängen hinten anstatt einem hinten und einem seitlich baugleich mit dem der 750 B.
Das Teil kommt um 20 US-Dollar frei Haus nach Besigheim. Ich ersetz die vernickelte Überwurfmutter durch eine originale, versetze einen hinteren Anschluß an die Seite und bau ihn ein – Super, sieht aus wie das Original.
Zwei Monate später gibt’s das Teil auch bei eBay Deutschland, ich kauf um 9.99 Euro noch einen als Reserve. 10 Euro für drei Gußteile mit Bearbeitung, Siebchen, Dichtungen, Montage, …, Versand nach Deutschland – nicht zu glauben.
Aber die Sache hat, wie sich dann rausstellt einen Haken, die chinesischen Nachbauer sind zwar billig aber, obwohl China in der Zwischenzeit auch zum Mond fliegt, nicht fähig einen japanischen Benzinhahn wirklich dauerhaft funktionsfähig zu kopieren.
Als ich bei der Abfahrt vom Umbrail-Paß auf Reserve schalten will steckt der Hahn in der 'Normal'-Stellung fest, die Kawa bleibt einen Kilometer vor der Tankstelle mit gut drei Litern nicht anzapfbarem Reservesprit im Tank stehen. Ich leg sie auf die Seite, schraub mit dem Taschenmesser das Halteschräubchen für den Knebel raus, wackel mit dem Taschenmesserschraubenzieher ein wenig am Dichtteil und es geht wieder.
Aber nur ein paar Tage, dann geht das Theater wieder los, er lässt sich nur mit extremem Kraftaufwand auf Reserve drehen. Und außerdem sabbert er. Ich bau ihn ab und zerlege ihn.
Die Ursache fürs Sabbern ist schnell gefunden, der Dichtring (8) hat einen Riß. Zwangsläufig. Beim Schneiden des Gewindes für die kleine Schraube (S) die das Teil zusammenhält gibt’s am Gewindeende einen Grat. Entgratet ist nichts aber beim japanischen Original ist die Innenfläche hier bereits im Guß radial ca. einen halben Millimeter zurückgesetzt, bei der Chinakopie steht der Grat über die bearbeitete Fläche raus über die der O-Ring bei der Montage drüber gequält wird. Damt bekommt er, kleine Ursache, große Wirkung, gleich bei der Erstmontage einen Riß.
Undicht ist er im Übrigen auch in der O-Ring-Nut des Knebels. Der Knebel ist ein Druckgußteil, die Gußform muss dabei quer über die O-Ringnut getrennt werden was zwangsläufig zu zwei gegenüberliegenden kleineren oder, bei Verschleiß der Form, größeren axialen und radialen Versätzen in der Ringnut führt. Die Japaner bearbeiten die Nut, der Gußversatz ist weg, die Chinesen sparen sich das.
Ich arbeite die Nut nach und nehm dickere O-Ringe, dicht.
Was die Schwergängigkeit angeht ist die Lage weniger klar. Die Abdichtung Zu / Normal / Reserve erfolgt wie bei einem alten Zapfhahn über eine konische Dichtfläche, das zentrale Dichtküken (K) (Wikipedia: Seinen Namen erhielt der Zapfhahn möglicherweise von der früher üblichen Gestaltung .... das Küken ist der bewegliche Teil des Schließventils, das passgenau in den konischen Spund ... eingreift ...) wird dabei axial über eine kleine Druckfeder angepresst. In China gibt’s nur eine Bockelhart-Feder. Ich tausch sie gegen eine weichere aus dem japanischen Hahn, besser.
Nach drei Wochen klemmt er wieder.
In ‚technische Mechanik 1‘ wird beim Thema Reibung auch das Unterthema ‚Selbsthemmung‘ behandelt. Es kommt nicht auf die Federkraft an, wenn die Relation Reibwert zu Kegelwinkel nicht passt sitzt ein Kegel unabhängig von der Höhe der Kraft immer fest. Lässt sich berechnen, aber was nützts, der Hahn ist, wie er ist, der Dichtkegelwinkel ist für den hier für das Dichtküken verwendeten Kunststoff bzw dessen Reibwert unter Kraftstoffbenetzung gegen Alu einfach zu spitz.
Uwe ‚tentakelfinger‘ rät auf Nachfrage zu Silikonfett. Das reduziert Reibung und hält sich eine ganze Weile, wäscht sich dann aber auch irgendwann raus. Ich nahm jetzt standardmäßig ein Leathermen-Tool mit damit ich den Hahn auf Reserve drehen kann wenns gar nicht geht. Und reiß bei der Gelegenheit tatsächlich mal den Knebel ab, bekomm den Rest aber mit der Leatherman-Zange noch gedreht und kann auf Reserve weiterfahren.
Der Zweithahn kommt zum Einsatz, ich bring ihn, O-Ring, Feder, Silikonfett, gleich auf den aktuellen Erkenntnisstand. Das geht eine ganze Weile gut, er klemmt auch aber nicht so stark wie der erste und irgendwann hab ich den Trick raus, nicht nur am Knebel zu drehen sondern ihn gleichzeitig nach innen zu drücken. Dann geht’s (meistens).
Bis Mitte 2021. Da wird er richtig undicht. Der deutsche Qualitätskraftstoff hat ein Loch in den chinesischen Guß gefressen. Das hatten wir bei den japanischen Originalteilen auch, dort aber erst nach dreißig, nicht schon nach drei Jahren.
Die zwei bei eBay gekauften Hähne sind tot aber eigentlich hab ich drei: Beim Zweithahn der, wie schon erwähnt, um 9.99 direkt von HONG KONG TING HUI LIMITED kam, ist nagelneu das Filtersieb eingerissen. Ich habs gleich beim Kauf mit einem Foto reklamiert und hab, neben tausend Entschuldigungen, problemlos einen neuen Hahn bekommen, den andern kann ich behalten.
Weil ich nicht alles noch mal neu machen will nehm ich von dem nur das Gußteil und entgrate die Bohrung innen.
Letzten Donnerstag bin ich auf der A81 zwischen Ludwigsburg Süd und Stuttgart-Zuffenhausen, 50 km nachdem ich vollgetankt hatte, stehen geblieben. Das war nicht lustig, die BAB hat dort vier Spuren aber keinen Randstreifen, die erste Spur läuft direkt neben der Leitplanke. Zum allerersten Mal in meinem Leben hab ich mich gefreut daß in Deutschland jeder Pkw links fährt und sogar die LKWs die zweite Spur vorziehen.
Ging nur drei Minuten bis ich gemerkt hab daß nur ‚Normal‘ verstopft war und ich auf Reserve weiterfahren konnte. Zuhaus hat sich dann rausgestellt daß sich das Küken um 90° gegen den Knebel verdreht hat, dh. der Hahn hat jetzt aktuell zwei ‚Zu‘ und eine ‚Offen‘-Stellung.
Bin gespannt was noch kommt!
Bei Peters ‚Z-Hocketse vergangenen Samstag hab ich den hier gesehen.
So einen hab ich, nachdem ich eine Empfehlung im Z-Klassiker-Forum gelesen hab, vor vier Wochen schon bestellt. Kommt auch aus China, passt an der Z900 und damit auch bei der 750 B und sieht gut aus. Axiale Abdichtung, damit schaffens nicht mal die Chinesen Selbsthemmung zu produzieren. Schaun wir mal was sie stattdessen an technischen Überraschungen zu bieten haben.
Martin