Gut 100.000 km mit dem Big Block - multiples Organversagen?
Verfasst: Sa 14. Okt 2023, 15:34
Eine Beschreibung des bei 178.000 km verbauten Motors gibts hier viewtopic.php?p=6540&hilit=875#p6540 Als Motorgehäuse hab ich seinerzeit das vom Originalmotor verwendet, das hat jetzt ca 260.000 km. Das komplette serienmäßige Innenleben, von der Kurbelwelle übers Getriebe bis zum Ventiltrieb stammt aus einem Unfallmotor der laut Verkäufer grad mal 10.000 km hatte, war also quasi neu, die verwendeten Gleitlager waren wirklich neu.
Bei ca 70.000 km hab ich ihn ein mal aufgemacht um die krumm getretene Kickstarterwelle gegen eine verstärkte zu tauschen. Gehäusesitze und Gleitlager waren schon gut verschlissen und wie ich ihn schon mal offen hatte hab ich die von Kolben-Wahl für den Big Block - 875 ccm - angefertigten Kolben beim Meister inspizieren lassen. Der hat in seine Aufzeichnungen geschaut, gemessen, dann beide - "... verzogen, da war der Motor wohl mal richtig heiß ..." - im Schraubstock " ... das probierst Du aber nicht selbst ..." in die Ursprungsform gedrückt und ich hab sie mit neuen Ringen wieder eingebaut. Den Ringtausch fand er unnötig aber wie ich ihn schon mal offen hatte ...
Jetzt war ich mit dem Motorrad bei ziemlich genau 100.000 Motorkilometern im Juni ca 2.200 km im Harz und in Sachsen. Der Motor ölt schon länger, das bin ich gewöhnt, ich denk bei der Laufleistung und dem Alter verliert der Guß an Festigkeit und verzieht sich. Die Kupplung rutscht bei absoluter Vollast - immerhin gemessene 74 Nm - seit ich mal synthetisches Öl eingefüllt hab, auch das kenn ich schon. Und beim Ein- und Auskuppeln telefoniert der Kupplungshebel - ich hab eine hydraulische Kupplung, keinen Kupplungszug - seit ein, zwei Jahren Schwingungen aus dem Getriebe an den Fahrer.
Nur ein Wartungsstau oder der Beginn multiplen Organversagens?
Gleich zu Beginn der Tour hat dann der Wellendichtring des Tachoantriebs aufgegeben und mir über 2.000 km Motoröl über den Zylinder und den Fuß gesabbert. Und auf der Rückfahrt ist mir über die letzten 1000 km aufgefallen daß der Motor ca 10 Grad 'wärmer' als gewohnt läuft und ab ca 90 kmh unangenehme Schwingungen von sich gibt. Die nach Abstellen und Neustart erst mal verschwunden sind und sich dann in aller Ruhe wieder aufbauen. Kann ich mir nur mit einem langsam versagenden Kettenspanner der Balancerkette erklären.
Zuhaus hab ich sie in den Carport gestellt, nach dem Dampfblasendesaster mit der Enduro hatt ich absolut keine Lust zum Schrauben, und wollt eigentlich die Herbstausfahrt mit den Freunden mit der TX 750 absolvieren. Die hat mich aber, dieses Jahr haben alle meine Motorräder die Krätze, mit einem bisher nicht identifizierten Elektrikfehler auf einem Trip zur Nordsee ausgebremst und ist mit Müh und Not und absolut leerer Batterie wieder Heim gekommen. Na, wenigstens beinahe, 7 km vor Zuhaus war nachts um 11 absolut Ende Gelände. Und ich bin einen Tag später mit der BMW K100 RS eines Freundes nach St.Peter-Ording gefahren.
Start zur Tour nach Slowenien am 23.10., vierzehn Tage vorher hab ich eingesehen daß ich entweder daheim bleiben oder alternativ mit der geliehenen BMW - aber wer will das schon - oder mit der 750 B fahren muß und hab deshalb, nach einer kleinen Warmfahrrunde, das Öl abgelassen und die Ölwanne abgeschraubt.
In der Ölwanne hab ich das gefunden
Die Kugel und die gebrochene Blechfeder von einer Modifikation des Kettenspanners die immerhin 100.000 km funktioniert hat. Aber die drei kleinen Kunststoffteile sehen arg nach Teilen eines Lagerkäfigs aus.
Und die Metallbrösel aus dem Ölsumpf nach wüstem Verschleiß.
Also Motor raus. Dazu muß die Kette runter was mit dem ansonsten genialen Fettkettenkasten eine rechte Sauerei ist weil sich das Kettenschloss ums Verrecken nicht ausdrücken lässt und ichs im Fettschlamm mit der Flex aufschleifen muss. Wie der Motor dann endlich auf der Werkbank steht und von unten gut zugänglich ist lässt sich der Kettenspanner mit dem Daumen gegen seine Feder zusammendrücken - Rastierung im Eimer.
Alle Seitendeckel abmontiert, dabei festgestellt, daß die Kettenritzelmutter lose ist aber vom Sicherungsblech gehalten wird. Das Getriebe samt montierter Kupplung raus - das Lager hinter der Kupplung hat richtig Spiel, also muß der Korb runter. Nach Demontage des Deckels und der Lamellen stellt sich raus daß der innere Kupplungskorb trotz fest sitzender Mutter auf der Welle wackelt - eingeschlagenes Mitnahmeprofil? - aber dann wär die Mutter lose. Ein elektrischer Schlagschrauber schaffts tatsächlich die Mutter ohne Gegenhalten zu lösen. Das im Kupplungskorb eingegossene Mitnahmeprofil hat sich im Guß gelockert - hab ich auch noch nie gesehen. Und der Kettenspanner der Balancerkette rastet nicht mehr - Rastiergewinde, wie würde Hardy sagen, abgeschubbert.
Im Ersatzteilbestand finden sich gebraucht aber in gutem Zustand ein Kupplungskorb mit Kupplungsreib- und Stahlscheiben, ein Getriebelager, ein Kettenspanner und eine brauchbare Welle für den Drehzahlmesserantrieb. Da ist nicht nur der gut 40 Jahre alte Dichtring bockelhart, er hat auch in der Welle eine nicht nur sichtbare sondern auch messbare Laufspur hinterlassen.
Wie alles wieder zusammen ist - für die Montage von Kettenritzel und Kupplungskorb ist der elektrische Schlagschrauber genial - bringen wir den Motor zu zweit einfach nicht mehr ins Fahrwerk nach zwei 'Stunden schick ich meinen Helfer nach Haus und mach Schluss, dusche, ess was und trinke ein Bier Und bekomm abends um neun einen kleinen Anfall, geh noch mal runter, würg den Motor auf Rahmenhöhe, wackel zwei mal dran und schwupps sitzt er drin
Nach gut 2800 km in einer Woche durch Österreich, Slowenien und Südtirol ist eines klar. Die Twin mit dem großen Motor ist einfach klasse. Autobahn fahr ich nur wenn ich muß und mehr Motorrad braucht auf normalen Strassen niemand.
Am allerwenigstens ich, weder eine #1200 Triumph Bonneville - bin ich kürzlich probegefahren, schöner Motor, mieses Fahrwerk - noch eine neue Transalp oder Suzuki GS 800. Jetzt fahr ich noch ein bißchen mit der wieder funktionierenden B, lass dann eine Zeitlang die zweite zu, die sich schon 10 Jahre lang die Räder in den Rahmen steht und überhol derweil Nummer 1 für die nächsten 100.000 km.
Martin
Bei ca 70.000 km hab ich ihn ein mal aufgemacht um die krumm getretene Kickstarterwelle gegen eine verstärkte zu tauschen. Gehäusesitze und Gleitlager waren schon gut verschlissen und wie ich ihn schon mal offen hatte hab ich die von Kolben-Wahl für den Big Block - 875 ccm - angefertigten Kolben beim Meister inspizieren lassen. Der hat in seine Aufzeichnungen geschaut, gemessen, dann beide - "... verzogen, da war der Motor wohl mal richtig heiß ..." - im Schraubstock " ... das probierst Du aber nicht selbst ..." in die Ursprungsform gedrückt und ich hab sie mit neuen Ringen wieder eingebaut. Den Ringtausch fand er unnötig aber wie ich ihn schon mal offen hatte ...
Jetzt war ich mit dem Motorrad bei ziemlich genau 100.000 Motorkilometern im Juni ca 2.200 km im Harz und in Sachsen. Der Motor ölt schon länger, das bin ich gewöhnt, ich denk bei der Laufleistung und dem Alter verliert der Guß an Festigkeit und verzieht sich. Die Kupplung rutscht bei absoluter Vollast - immerhin gemessene 74 Nm - seit ich mal synthetisches Öl eingefüllt hab, auch das kenn ich schon. Und beim Ein- und Auskuppeln telefoniert der Kupplungshebel - ich hab eine hydraulische Kupplung, keinen Kupplungszug - seit ein, zwei Jahren Schwingungen aus dem Getriebe an den Fahrer.
Nur ein Wartungsstau oder der Beginn multiplen Organversagens?
Gleich zu Beginn der Tour hat dann der Wellendichtring des Tachoantriebs aufgegeben und mir über 2.000 km Motoröl über den Zylinder und den Fuß gesabbert. Und auf der Rückfahrt ist mir über die letzten 1000 km aufgefallen daß der Motor ca 10 Grad 'wärmer' als gewohnt läuft und ab ca 90 kmh unangenehme Schwingungen von sich gibt. Die nach Abstellen und Neustart erst mal verschwunden sind und sich dann in aller Ruhe wieder aufbauen. Kann ich mir nur mit einem langsam versagenden Kettenspanner der Balancerkette erklären.
Zuhaus hab ich sie in den Carport gestellt, nach dem Dampfblasendesaster mit der Enduro hatt ich absolut keine Lust zum Schrauben, und wollt eigentlich die Herbstausfahrt mit den Freunden mit der TX 750 absolvieren. Die hat mich aber, dieses Jahr haben alle meine Motorräder die Krätze, mit einem bisher nicht identifizierten Elektrikfehler auf einem Trip zur Nordsee ausgebremst und ist mit Müh und Not und absolut leerer Batterie wieder Heim gekommen. Na, wenigstens beinahe, 7 km vor Zuhaus war nachts um 11 absolut Ende Gelände. Und ich bin einen Tag später mit der BMW K100 RS eines Freundes nach St.Peter-Ording gefahren.
Start zur Tour nach Slowenien am 23.10., vierzehn Tage vorher hab ich eingesehen daß ich entweder daheim bleiben oder alternativ mit der geliehenen BMW - aber wer will das schon - oder mit der 750 B fahren muß und hab deshalb, nach einer kleinen Warmfahrrunde, das Öl abgelassen und die Ölwanne abgeschraubt.
In der Ölwanne hab ich das gefunden
Die Kugel und die gebrochene Blechfeder von einer Modifikation des Kettenspanners die immerhin 100.000 km funktioniert hat. Aber die drei kleinen Kunststoffteile sehen arg nach Teilen eines Lagerkäfigs aus.
Und die Metallbrösel aus dem Ölsumpf nach wüstem Verschleiß.
Also Motor raus. Dazu muß die Kette runter was mit dem ansonsten genialen Fettkettenkasten eine rechte Sauerei ist weil sich das Kettenschloss ums Verrecken nicht ausdrücken lässt und ichs im Fettschlamm mit der Flex aufschleifen muss. Wie der Motor dann endlich auf der Werkbank steht und von unten gut zugänglich ist lässt sich der Kettenspanner mit dem Daumen gegen seine Feder zusammendrücken - Rastierung im Eimer.
Alle Seitendeckel abmontiert, dabei festgestellt, daß die Kettenritzelmutter lose ist aber vom Sicherungsblech gehalten wird. Das Getriebe samt montierter Kupplung raus - das Lager hinter der Kupplung hat richtig Spiel, also muß der Korb runter. Nach Demontage des Deckels und der Lamellen stellt sich raus daß der innere Kupplungskorb trotz fest sitzender Mutter auf der Welle wackelt - eingeschlagenes Mitnahmeprofil? - aber dann wär die Mutter lose. Ein elektrischer Schlagschrauber schaffts tatsächlich die Mutter ohne Gegenhalten zu lösen. Das im Kupplungskorb eingegossene Mitnahmeprofil hat sich im Guß gelockert - hab ich auch noch nie gesehen. Und der Kettenspanner der Balancerkette rastet nicht mehr - Rastiergewinde, wie würde Hardy sagen, abgeschubbert.
Im Ersatzteilbestand finden sich gebraucht aber in gutem Zustand ein Kupplungskorb mit Kupplungsreib- und Stahlscheiben, ein Getriebelager, ein Kettenspanner und eine brauchbare Welle für den Drehzahlmesserantrieb. Da ist nicht nur der gut 40 Jahre alte Dichtring bockelhart, er hat auch in der Welle eine nicht nur sichtbare sondern auch messbare Laufspur hinterlassen.
Wie alles wieder zusammen ist - für die Montage von Kettenritzel und Kupplungskorb ist der elektrische Schlagschrauber genial - bringen wir den Motor zu zweit einfach nicht mehr ins Fahrwerk nach zwei 'Stunden schick ich meinen Helfer nach Haus und mach Schluss, dusche, ess was und trinke ein Bier Und bekomm abends um neun einen kleinen Anfall, geh noch mal runter, würg den Motor auf Rahmenhöhe, wackel zwei mal dran und schwupps sitzt er drin
Nach gut 2800 km in einer Woche durch Österreich, Slowenien und Südtirol ist eines klar. Die Twin mit dem großen Motor ist einfach klasse. Autobahn fahr ich nur wenn ich muß und mehr Motorrad braucht auf normalen Strassen niemand.
Am allerwenigstens ich, weder eine #1200 Triumph Bonneville - bin ich kürzlich probegefahren, schöner Motor, mieses Fahrwerk - noch eine neue Transalp oder Suzuki GS 800. Jetzt fahr ich noch ein bißchen mit der wieder funktionierenden B, lass dann eine Zeitlang die zweite zu, die sich schon 10 Jahre lang die Räder in den Rahmen steht und überhol derweil Nummer 1 für die nächsten 100.000 km.
Martin